Woher habe ich nur all diese bunten Ideen für meine Geschichten? Das wüsste ich manchmal auch gerne. Also da gibt es ja verschiedene Techniken, um die Basis für eine gute Geschichte zu finden. Gianni Rodari beschreibt in seinem Buch „Die Grammatik der Phantasie“ das sogenannte „phantastische Binom“. Man nehme zwei Worte, die inhaltlich weit auseinander liegen, und schon hat man eine wunderbare Grundlage für zahlreiche Ideen.
Ein Beispiel: Die Begriffe Pferd und Esel sind zu nah beieinander. Das passt irgendwie. Aber wie wäre es, wenn wir nun die Begriffe Pferd und Zahnbürste nehmen würden? Oh, fallen dir da nicht auch plötzlich die verrücktesten Geschichten ein?
Ein zähneputzendes Pferd. Wie hält es seine Zahnbürste? Gibt es da vielleicht eine Vorrichtung? Wer hat die erfunden? Und schon stecken wir mittendrin. Oder eine sprechende Zahnbürste? Hat sie auch Beine? Wo läuft sie damit hin? Und was will sie da? Kommt sie vielleicht zu Pferd schneller voran? Herrlich. Ich könnte direkt los schreiben.
Dann gibt es noch den Perspektivwechsel - das ist eine meiner liebsten Übungen. Das mache ich nicht nur beim Schreiben gerne. Es hilft mir sehr mit einem anderen Menschen eine Verbindung aufzubauen und die Motive meines Gegenübers aufzuspüren, aber das ist eine andere Sache. Ich empfehle sehr, einmal schreibend die Perspektive zu wechseln. In meinem Schreibkurs gebe ich gerne die Hausaufgabe, aus der Perspektive eines Gegenstands zu schreiben. Und es entstehen immer großartige Geschichten dabei. Manchmal mit ganz unerwarteten Wendungen.
Hast du schon einmal drüber nachgedacht, wie sich der Impfausweis in deiner Tasche fühlt? Oder dein Fahrrad, wenn du es den ganzen Tag am Bahnhof stehen lässt? Und lässt sich die Kaffeetasse eigentlich gerne zum Mund führen? Mich würde auch sehr interessieren, was meine Spülmaschine eigentlich denkt.
Eine weitere ganz wichtige Quelle für meine Ideen sind Kinder. Ich höre ihnen gerne zu. Sie sind wahre Geschichtenerzähler und ihre noch sehr kindliche Sicht auf die Welt hilft ihnen dabei ungemein. Ihre ganz eigene Logik, um die Welt zu begreifen, ist geprägt von Neugier und Fantasie. Ich liebe diese Offenheit für mögliche Erklärungen. Hast du eben auch gedacht, dass ein Pferd, welches sich die Zähne putzt, doch Quatsch ist? Ein Kind hat diesen Gedanken nicht. Es freut sich dazu herumzualbern und die Idee weiter zu spinnen. Hast du das schon mal probiert? (Okay, es gibt vielleicht eine kurze Realismusphase etwa im Kindergartenalter, in der alles irgendwie auch echt und richtig sein muss, aber das ist nur kurz. Danach kann man wieder gemeinsam Unsinn erfinden.)
Erst kürzlich habe ich mit einem meiner Kinder überlegt, wo denn ein Pirat ohne Schiff seine erbeuteten Schätze aufbewahren würde. Wir haben gleich mehrere Lösungen gefunden, und das ist gut so, denn der Pirat erbeutet sicher unterschiedliche Schatzarten in verschiedenen Größen und Mengen. Wir sind beide schon total gespannt, was er noch erleben wird. Seine Crew besteht übrigens aus (schwimmenden) Tieren.
Eine Menge meiner bunten Ideen entstehen durch den Kontakt mit (meinen) Kindern, und eigentlich ist da immer auch mein eigenes inneres Kind beteiligt. Es hat auch besonders viel Spaß daran, die vielfältigen Geschichten der Kinder um uns herum aufzuschreiben.
Wenn das mal nicht eine Idee für ein tolles Vorlesebuch ist: Geschichten, erfunden von Kindern - für Kinder. 🎉 Das schreibe ich mir gleich in mein Ideenbuch!