Aus dem Farbkasten meiner Seele

Vom Schreiben und Lesen

Die Angst vor dem Schreiben - ich kenne sie nicht, wohl aber die Angst davor das Geschriebene zu zeigen. Ich schreibe schon immer. Als Teenager schrieb ich wirklich viele Briefe, dann Gedichte und Geschichten. Jetzt schreibe ich am Liebsten Geschichten für Kinder und auch Blogartikel oder ähnliche Texte, in denen ich meine Welt ausdrücken kann. Oftmals schreibe ich nur für mich, manchmal schreibe ich auch bewusst für potentielle Leser:innen.

Doch ich verstehe die Angst vor dem Schreiben. Ich kann sie nachvollziehen, denn schreiben ist persönlich. Schreiben ist Ich-Sein und schreiben ist Therapie. Denn egal was du schreibst, du (be-)schreibst die Welt aus deinen Augen. Denn auch die Details in deinen fiktiven Geschichten sind durch deine eigenen Erfahrungen beeinflusst. Und die Angst zu schreiben ist vor allem eins - die Angst gelesen zu werden. Es ist die Angst davor, dass die Leserin dann alles über dich weiß. Sie kennt dich plötzlich. Deine Gedanken und deine persönliche Geschichte.

Doch ist das wirklich so? Ich sage nein, und das mag nun ganz schön hart klingen, aber du bist der Leserin ganz egal. Sie ist nämlich sehr egoistisch. Sie liest zwar den von dir geschriebenen Text, doch in deinen Worten liest sie sich selbst dort heraus. Denn das ist es, was beim Lesen passiert. Die Leserin findet sie sich in den Worten selbst wieder. Beim Lesen empfindet sie Berührung und diese Verbundenheit gibt ihr die Chance, die eigenen Gefühle besser wahrzunehmen und sich selbst besser spüren zu können. Und dass kann auch Widerstand sein, den sie spürt, weil sie eine ganz andere Meinung hat. Auch dann kann sie sich besser erkennen und ihre eigene Haltung stärker spüren. Deine Worte bieten der Leser:in eine Fläche, mit der sie resonieren oder an der sie sich reiben kann. 

Kennst du das Phänomen, dass du Freunde um Rat fragst, weil du dich nicht entscheiden kannst und wenn du ihre Antwort hörst, weißt du plötzlich ganz genau, welche Wahl du selbst präferierst. Auch wenn sie gegensätzlich zu der deiner Freunde ist. Ich denke, dass wir uns erst in der Verbindung mit Anderen voll und ganz spüren können.

„Wir brauchen die Vielfalt der anderen,

um all die vielfältigen Klangfarben in uns selbst zu entdecken und durch uns ausdrücken zu lassen.“

Theresa Bolland


Die Leser:in spürt diese Vielfalt. Die Worte der Autorin, die ihre Welt bereichern. Schreiben bedeutet für mich daher nicht nur, dass ich selbst meine eigenen Gedanken sortiere und geordnet wiedergeben kann. Sondern es bedeutet auch, dass ich damit als Autorin nach draußen gehe und somit mit den lesenden Menschen eine Beziehung eingehe. Ich zeige einen kleinen Teil von mir und erklinge dadurch in einem Teil von dir.

Ich schreibe, um wirklich ganz Ich zu sein und ermögliche dir dadurch, ganz Du zu sein.

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